Herr Wiesemann, Sie sind im August 2019 zum Kommandeur der Gilde gewählt worden. Waren Sie in den elf Monaten ein Schützenkommandeur oder doch eher ein Krisenmanager?
THOMAS WIESEMANN:
Nach meiner Wahl zum Kommandeur der Schützengilde Höxter im August 2019 haben der gesamte Vorstand und ich uns voll in die Vorbereitungen für unser Jubiläumsjahr geworfen. Zusammen mit vielen unserer Mitglieder konnten wir tolle Veranstaltungen vorbereiten und auch die ein oder andere schon durchführen und genießen. Zu nennen wäre da natürlich das Ansetzen des Schützenpilses, die Bataillonswanderung, aber auch die Ausstellung in der Marktstraße und der Vortrag zur Geschichte der Gilde im Historischen Rathaus.
Natürlich hat die Corona Pandemie uns allen in unserem Jubiläumsjahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber zusammen mit dem Bataillonsvorstand und den Kompanievorständen haben wir die richtigen Entscheidungen getroffen, um dem Motto „Schützen schützen“ gerecht zu werden. Als Krisenmanager würde ich mich nicht bezeichnen, die letzten elf Monate waren ja nicht nur eine Krise.
Sie haben zusammen mit dem Vorstand bereits sehr früh beschlossen, eine Woche vor dem bundesweiten Lockdown, alle weiteren Feierlichkeiten zum 425-jährigen Jubiläum komplett abzusagen. Wie schwer lag diese Entscheidung Ihnen im Magen?
WIESEMANN: Als im März die Maßnahmen absehbar wurden, haben wir mit dem gesamten Bataillonsvorstand die vorliegenden Daten und Informationen sorgsam geprüft.
Auf Grundlage dieser haben wir dann, nach intensiver und langer Diskussion, die weitgehende und schwerwiegende Entscheidung zur Verlegung der Veranstaltungen getroffen.
Natürlich fällt keinem diese Entscheidung leicht, auch uns hat sie natürlich schwer im Magen gelegen. Die vielen positiven Reaktionen aus der Mitgliedschaft, von unseren Partner, aber auch aus der Öffentlichkeit, haben uns in unserer Entscheidung bestärkt und den Stein im Magen etwas leichter gemacht.
Konnten Sie ihr Amt auch schon etwas genießen?
WIESEMANN: Natürlich! Neben Corona hatten wir schon einige Veranstaltungen, bei denen ich mit vielen Gilde- Mitgliedern zusammentreffen konnte. Sei es die Bataillonsübergabe, welche für mich als ehemaligen Offizier der Bundeswehr etwas ganz Besonderes
war, sei es die Einladung zum Offiziersball unserer 1. Kompanie oder am letzten Wochenende der Besuch beim St. Nikolai Seniorenzentrum.
Die Zeit ist schwierig, aber es kommt immer darauf an, was man daraus macht. Die Gespräche mit unseren Mitgliedern und die verschiedenen Zusammentreffen sind immer wieder interessant und die gemeinsame Zeit kann man auch trotz aller Schwierigkeiten
genießen.
In jeder Krise steckt auch eine Chance, heißt es. Welche könnte das für die Schützengilde Höxter sein?
WIESEMANN: Zum einen ist die Corona-Pandemie keine Krise des Schützenwesens oder der Gilde an sich, zum anderen zeigen sich in einer solchen Zeit gerade die Stärken unseres Vereins- und Gemeinwesen. Ich bin fest davon überzeugt, dass nicht nur die Schützengilde Höxter, sondern wir alle gestärkt aus dieser Situation herausgehen. Wir als Gilde haben jetzt ja noch mehr Zeit unser Jubiläum vorzubereiten.
Auch wird der Zusammenhalt zwischen den Vereinen gestärkt, man muss sich nur die Initiative unserer Freunde aus Stahle, Albaxen, Bödexen und Holzminden mit „Schützen stehen zusammen“ anschauen, um zu sehen, dass auch Schwierigkeiten Gutes hervorbringen können. Es ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass durch die CoronaPandemie vieles, was vollkommen normal war, auf einmal
unwirklich wird. Aber die Initiative und der Ideenreichtum unserer Mitglieder zeigen, wie auch bei der gesamten Bürgerschaft, dass wir uns
zusammen nicht unterkriegen lassen.
In dem NRW-Sonderprogramm „Heimat, Tradition und Brauchtum“ können auch von der Corona-Pandemie betroffene Schützenvereine ab dem 15. Juli Zuschüsse bis 15.000 Euro beantragen. Macht die Gilde davon Gebrauch?
WIESEMANN: Im Gegensatz zu vielen unserer befreundeten Schützenvereinen, besitzen wir keine eigene Schießanlage oder ein eigenes Schützenhaus, dadurch haben wir den Vorteil sehr geringer Fixkosten.
Der Ausfall der Veranstaltungen trifft uns natürlich, aber lange nicht so hart wie viele andere Vereine. Natürlich werden wir im Vorstand
prüfen, ob wir Unterstützung nötig haben und ob wir den Voraussetzungen des Programms entsprechen. Richtig ist aber auch, dass die
Corona-Pandemie viele Vereine, Unternehmen und ganz besonders Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit ihren Familien wesentlich härter trifft als uns.
Bei uns fällt ein Schützenfest aus, bei vielen Familien, die wochenlang in Kurzarbeit sind oder der Gefahr der Arbeitslosigkeit gegenüber
stehen, sieht es wesentlich schlimmer aus.
2021 steht für die Schützengilde Höxter das eigene Zeltlager und natürlich Besuche bei Partnervereinen an. 2022 dann das verschobenen Jubiläumsfest. Sind diese Veranstaltungen auch mit Abstandsregelung, Mundschutzpflicht und Begrenzung der Teilnehmerzahl vorstellbar?
WIESEMANN: Derzeit kann noch niemand sagen, wie es weitergehen wird. Wir alle fahren sozusagen auf Sicht. Natürlich ist die Hoffnung groß, dass schnellstmöglich alles wieder zur Normalität zurückkehrt und die Pandemie endet.
Als Bataillonsvorstand ist es aber unsere Aufgabe alle Eventualitäten zu prüfen und dementsprechend zu handeln. Die derzeitigen Corona
Schutzmaßnahmen würden die genannten Veranstaltungen nicht zulassen, was aber in einem Vierteljahr, einem halben Jahr oder einem Dreivierteljahr ist, kann ich leider nicht voraussagen. Wir werden die Lage stetig prüfen und immer unter dem Gesichtspunkt des Schutzes unserer Mitglieder und der gesamten Bürgerschaft entscheiden. Lassen sie uns gemeinsam hoffen, dass wir alle gesund durch die Pandemie
kommen und bald wieder gemeinsam Schützenfeste feiern können.
Das Interview führte
Torsten Wegener